Have the balls to fight sexism – St. Pauli zeigt uns wie

Das zweite Frauenteam FC St. Pauli Handball hat ein Zeichen gesetzt gegen Sexismus – und uns damit gezeigt, dass es nicht immer die großen Kampagnen, Aktionen und Demonstrationen sein müssen, um ein Zeichen zu setzen gegen Sexismus. 

Teamfoto 2. Frauen FC St. Pauli Handball | Foto: Kirsten Scholl
Teamfoto 2. Frauen FC St. Pauli Handball | Foto: Kirsten Scholl

Das zweite Frauenteam des FC St. Pauli Handball hat ein neues Teamfoto

"Aha" werden sich nun viele denken. Das ist schön, aber normalerweise nicht unbedingt eine Meldung oder – wie in diesem Fall – einen Blogbeitrag wert. 

Das denkt man aber nur solange, bis man sich das Bild einmal anschaut. Denn mit der Vorstellung hat das Team noch ganz nebenbei ein Zeichen gegen Sexismus gesetzt. Und was für eins. 

Mäuschen, Schlampe, Luder oder Hure – das sind nur einige der Worte, die auf den Transparenten zu lesen sind, die die Spielerinnen hochhalten. Und das sind nur einige der Worte, mit denen Frauen immer noch regelmäßig konfrontiert werden. Die einen verstehen wir sofort als Beleidigung: Drecksfotze, Blasehase oder Matratze, um ein paar Beispiele zu nennen. Aber auch Begriffe wie Mäuschen oder Puppe werten Frauen ab, nehmen sie nicht ernst und setzen sie herab. 

Altes Phänomen in neuer Gestalt

 Ja, es hat sich mittlerweile in unserer Gesellschaft etwas getan. Klassisch sexistische Einstellungen ("die Frau gehört an den Herd und ist für die Kindererziehung zuständig") nehmen immer weiter ab. Deswegen ist Sexismus aber noch längst nicht von der Bildfläche verschwunden. 

Frauen sind immer noch nicht gleichberechtigt – wenn wir uns die Anzahl der Frauen in Führungspositionen anschauen oder einen Blick auf die Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen werfen, wird dies besonders deutlich. Insbesondere im (Profi)Sport ist Gleichberechtigung bisher Wunschvorstellung. Und das reicht von ungleicher Bezahlung bis hin zu mangelnder Akzeptanz sportlicher Erfolge.

Was sich verändert, ist die Gestalt, in der Sexismus heute bevorzugt zum Vorschein kommt: das Abstreiten oder die Leugnung, dass Frauen aufgrund ihres Geschlechts Diskriminierungserfahrungen machen, nennen wir modernen Sexismus. 

Und das passiert nicht immer absichtlich oder bewusst. Sexismus bedeutet, dass Personengruppen aufgrund ihres Geschlechts – oder besser gesagt aufgrund vorherrschender Geschlechterstereotypen – diskriminiert werden. Dass wir diese Geschlechterstereotype verinnerlicht haben, ist uns oftmals gar nicht bewusst. Auch sind wir uns nicht immer über die eigenen gesellschaftlichen Vorteile und Machtverhältnisse im Klaren. Sexismus ist allgegenwärtig. Wir nehmen ihn jedoch nicht immer bewusst wahr. Deswegen dürfen wir aber nicht schlussfolgern, dass es ihn nicht mehr gibt. Und deswegen ist es wichtig, Sexismus beim Namen zu nennen und sexistisches Verhalten offen anzusprechen.

 

Aber was kann ich schon tun?

Sexismus ist tief in unserer Gesellschaft verwurzelt. Vielen ist gar nicht bewusst, dass auch in ihnen Überzeugungen schlummern, aufgrund dessen Frauen, Männern, trans- oder intersexuelle Menschen diskriminiert werden. Was kann ich also schon tun? Ich allein kann die Gesellschaft nicht ändern. 

Sicher nicht. Und trotzdem kann jede*r von uns etwas tun. Ein erster Schritt ist, modernen Sexismus zu benennen als das, was er ist. Wir müssen uns bewusst werden, dass Sexismus immer noch unsere Gesellschaft und unseren Umgang miteinander mitbestimmt. 

Und wir müssen bereit sein zu verstehen, dass sich jede*r von uns sexistisch verhalten oder äußern kann. Wir müssen bereit sein, unser Verhalten selbstkritisch zu hinterfragen und zu hinterfragen, welche Überzeugungen wirklich dahinterstecken. Nur so können wir Vorurteile, die wir eventuell selbst unbewusst verinnerlicht haben, aufdecken und aktiv unsere Haltung und unser Verhalten ändern. 

Und wir können aktiv und laut sein gegen Sexismus. Das muss nicht sofort die nächste Demo sein oder gleich eine ganze Kampagne. Sexismus anzusprechen, wo er uns begegnet. Fehlverhalten aufzeigen. Stereotype entlarven. Damit ist schon viel getan. 

Auch die zweite Frauen des FC St. Pauli Handball hat keine große Kampagne gestartet. Sie haben keine Pressemitteilung herausgegeben. Sie haben nicht einmal die Intention ihres Bildes erklärt. Sie haben schlicht und einfach ein neues Teamfoto veröffentlicht. Und damit klare Kante gegen Sexismus gezeigt. Vielen Dank dafür.

Natürlich braucht es weiterhin Kampagnen, Demonstrationen und Organisationen, die laut und öffentlichkeitswirksam zum Kampf gegen Sexismus aufrufen. Vor allem aber müssen wir den Kampf gegen Sexismus in unseren Alltag integrieren. Jede*r von uns kann und muss sich jeden Tag gegen Sexismus zur Wehr setzen und darauf aufmerksam machen.

Also – have the balls to Fight sexism!

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